Weiche Betten - Harte Männer


„Angelique“ - 2. Teil 1965

Die alte Kitsch-Angelique in neuem Gewand 

12.06.2014
Unvergessen sind die dicken Schmöker von Anne Golon. Unvergessen auch die kitschigen Filme aus den sechziger Jahren. Jetzt ist „Angelique“ neu verfilmt worden.
Sie waren so klobig wie „Anna Karenina“ oder „Schuld und Sühne“, aber auf ihren Buchrücken prangte ein verführerischer Name in geschwungenen Lettern: „Angélique“! Das Signal war klar: Hier ging es nicht um große oder gar schwierige Literatur. Diese Wälzer luden ein zum sinnlichen Vergnügen, wie eine Pralinenschachtel oder ein Schaumbad. Der erste Angélique-Roman des französischen Schriftstellerpaars Anne und Serge Golon erschien 1956, zunächst nur in Deutschland, wo gerade „Sissi“ den Boden für Melodramen aus der Welt des historischen Hochadels bereitet hatte. Wenig später entwickelte sich die Serie weltweit zum Multimillionen-Hit.
Standesgemäß folgten zum Teil sehr erfolgreiche Verfilmungen. Angélique erschien wie eine Brigitte Bardot aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. An ihr war alles ein wenig übertrieben, ihre weiblichen Formen, ihre Schlagfertigkeit, die Expressivität ihres Charakters. Sie war eine Superheldin in eigener Sache, eine Projektionsfläche für Begehrlichkeiten aller Art. Mitte der 80er-Jahre wurde es dann still um Angélique und ihre bis dahin 13 Abenteuer-Bände verkamen zur angestaubten Standardausstattung bundesdeutscher Gästezimmerregale.
Insgesamt 18 Bände um die Abenteuer der Heldin "Angélique" hat die französische Schriftstellerin Anne Golon seit 1956 geschrieben. Die Bücher wurden in 27 Sprachen übersetzt und in 45 Ländern mit einer Gesamtauflage von etwa 150 Millionen Exemplaren verkauft. Der Erfolg zog nicht nur eine ganze Reihe ähnlich strukturierter historischer Romane

sondern ab 1964 auch einige Verfilmungen mit Michèle Mercier in der Titelrolle nach sich.

Diese Filme erregten nicht nur aufgrund der opulenten Ausstattung, sondern in erster Linie wegen der für damalige Verhältnisse fast skandalösen Freizügigkeit großes Aufsehen.

Bis heute genießen die "Angélique"-Filme aus den 60ern einen gewissen Kultstatus,

mit dem es nun die Neuverfilmung von Ariel Zeïtoun ("Colombiana", "Bandidas") aufzunehmen versucht.

Rein visuell ist das dem in Tunesien geborenen Regisseur auf jeden Fall gelungen. Die Kameraarbeit ist überzeugend, die Kostüme opulent und die Ausstattung sehr detailverliebt. Und auch Hauptdarstellerin Nora Arnezeder schmeichelt dem Auge, wobei sie durchaus auch ihr schauspielerisches Talent ausspielen kann. Unterstützt wird die aus Filmen wie "Maniac" oder "Der Dieb der Worte" bekannte Schauspielerin von einem wirklich guten Ensemble, aus dem besonders Gérard Lanvin ("Public Enemy No. 1") und Mathieu Kassovitz ("Das fünfte Element") herausstechen. Mit hohen Schauwerten, den guten Darstellern und einer stimmigen Mischung aus Historienfilm, Drama und Erotik klingt "Angélique" eigentlich nach perfekter Unterhaltung für Fans von Werken wie "Die Wanderhure" oder "Die Pilgerin".

Und genau für solche Zuschauer ist der Film dann auch wirklich absolut sehenswert. Allerdings hat diese Neuversion des ersten "Angélique"-Abenteuers eine ganz ähnliche Schwäche, wie die vergleichbaren TV-Produktionen: Das Drehbuch! Denn die Ansammlung von Klischees und äußerst flachen Dialogen nimmt gerade dem bemühten Spiel der Darsteller viel Wind aus den Segeln. Was von Nora Arnezeder oder Gérard Lavin noch recht überzeugend aufgefangen werden kann, führt etwa bei David Kross dazu, dass seine Darstellung von König Ludwig XIV. fast schon unfreiwillig komisch wirkt. Aber das schwache Drehbuch hat nicht nur Auswirkungen auf die Leistung der Schauspieler. Auch die Geschichte selbst verliert immer wieder an Spannung und zieht sich irgendwann einfach nur noch sehr zäh in die Länge. Das ist zwar immer schön anzusehen – doch auch gepflegte Langeweile ist nicht unbedingt das, was man gemeinhin unter mitreißender Kinounterhaltung versteht.

"Angélique" ist ganz bestimmt kein schlechter Film, schon gar nicht für seine anvisierte Zielgruppe. Dafür hat die Inszenierung einfach zu viele positive und sehenswerte Aspekte zu bieten. Doch gleichzeitig wird eben auch viel Potential verschenkt, wodurch aus einer spannenden, bewegenden Liebesgeschichte nur eine sehr konventionelle Schmonzette geworden ist. Das ist zwar noch immer ein optischer Leckerbissen und bietet solide Unterhaltung, mehr aber auch nicht. Da aber immerhin das anvisierte Publikum und Liebhaber der Romane zufrieden gestellt werden, reicht es am Ende mit kleinen Abstrichen immer noch für ein: Sehenswert!     https://www.frankfurt-tipp.de/kino/s/film/angelique-frankreich-oesterreich-2014.html#homescreen

Von 1964 bis 1968 verfilmte Regisseur Bernard Borderie bereits einige Male - höchst erotisierend - die Geschichte, in der Michèle Mercier die Hauptrolle spielte.

Unsterblich gemacht haben den Komponisten aber vor allem die Scores zu den fünf Teilen der berühmten Angélique-Serie, die von 1964 bis 1968 unter der Regie von Bernard Borderie mit den beiden Stars Michéle Mercier und Robert Hossein in den Hauptrollen entstanden. Nicht nur in Frankreich, sondern etwa auch in Deutschland strömten zu der Zeit Millionen in die Kinos und machten die Verfilmungen der populären Romane von Anne Golon zu absoluten Kassenknüllern, die als kommerzielles Aushängeschild der Grande Nation dienten.

An Magne lag es, diesem inhaltlich ausufernden Epos eine musikalische Gestalt, eine Struktur zu geben, und vor allem, der durch nichts zu bändigenden, alles überstrahlenden Liebe Angéliques zu Peyrac Ausdruck zu verleihen. Er hat dies getan mit einem weitgespannten prachtvoll-schwelgerischen Hauptthema, das zu Recht äußerst berühmt geworden ist und wohl zum Bekanntesten gehört, was an orchestraler Filmmusik für das französische Kino der 60er Jahre komponiert wurde. Die Filmadaptionen sind im Grunde reinster Kitsch und auch recht zähflüssig, während Magnes Musik sich mit so sehnsuchtsvoller Lyrik auszusingen weiß, dass sie auch heute noch ergreift und berührt.

Wie ein roter Faden zieht sich das melodisch so eindringliche Angélique-Thema in vielfältigen Modulationen durch die Partitur, wobei in für Magne so typischer Art und Weise oft dem Klavier eine besondere Bedeutung zukommt: mal ist es als konzertanter Begleiter eingesetzt, mal übernimmt es von den Streichern die Alleinherrschaft über die Melodielinie, mal gibt es nur das rhythmische Ambiente vor

Besonders schön und stimmungsvoll geraten ist auch das dem als Piraten in Teil 4 untergetauchten Peyrac zugeordnete Rescator-Thema, das mit seinen breit dahinströmenden Melodiebögen der Streicher und den Klavier-Staccati echtes maritimes Feeling in den Score bringt.

In dem langen Track À l’abordage, das das Entern des königlichen Schiffs durch Peyrac untermalt, baut Magne dieses Thema weiter aus und durchsetzt es mit rasanten Streicherläufen und krassen Blecheinwürfen , die die Dramatik der Szene unterstreichen und Swashbuckler-Geist heraufbeschwören.

Ebenso reizvoll die impressionistischen Holzbläsergirlanden in Nocturne méditerranéen, die das Thema in ein wiederum gänzlich neues Gewand kleiden.

https://filmmusicjournal.ch/angelique/